Krank arbeiten gehen? Warum das keine gute Idee ist
Neun von zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich gehen auch krank zur Arbeit. Das Phänomen hat auch einen Namen: „Präsentismus“. Besonders häufig tritt dies bei leichteren Erkrankungen wie Erkältungen auf. Wer sich krank ins Büro, auf die Baustelle, in die Praxis oder die Werkstatt schleppt, ist nicht fleißig und verantwortungsbewusst. Nein, krank arbeiten gehen ist weder schlau, noch sozial, noch fair.
Drei Tage fieberfrei, bei Husten und Schnupfen so wenig wie möglich unter Leute gehen, wenn der Körper krank ist, braucht er Ruhe und Schlaf. So haben wir es von der Oma oder der Mama gelernt, und so leben heute wenige in unserer Leistungsgesellschaft. Lieber ein Aspirin akut oder Neocitran rein, Augen zu und durch. Das bisschen Schnupfen ist ja nicht der Rede wert.
Warum gehen manche Menschen krank in die Arbeit?
Aus Spaß setzen sich die wenigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit rinnender Nase und kratzendem Hals vor den Computer. Was sind aber nun die Gründe, krank arbeiten zu gehen? Mehrere Faktoren treiben Menschen dazu:
- Angst vor Jobverlust oder beruflichen Nachteilen
- Starkes Pflichtgefühl gegenüber Kollegen und Arbeitgeber
- Drohende finanzielle Einbußen bei längerer Krankheit
- Hohe Arbeitsbelastung und Termindruck
- Mangelnde Vertretungsmöglichkeiten
„Was ich heute nicht mache, muss ich morgen machen“: Wenn man nicht in die Arbeit kommt, bleibt die Arbeit liegen. Und dann wird es nach dem Krankenstand oft richtig stressig, was man sich gerne ersparen würde. Dann lieber halbfit ins Büro.
„Wenn ich nicht da bin, müssen meine Kollegen übernehmen“: Wenn man selbst im Krankenstand ist, muss man vertreten werden. Je länger oder öfters man sich krankmeldet, desto höher steigt die Belastung für die Arbeitskollegen. Um dies zu verhindern und sich eventuell dumme Nachreden zu ersparen, geht man lieber in die Arbeit, auch wenn man krank ist.
„Wenn ich jetzt schon wieder in Krankenstand gehe, riskiere ich meinen Job.“ Was vielen nicht bewusst ist: Es existiert weder ein Kündigungsverbot im Krankenstand noch ein genereller Kündigungsschutz bei Krankheit. Und das hält viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon ab, zu oft in Krankenstand zu gehen, damit der eigene Arbeitsplatz nicht gefährdet ist.
Welche Branchen sind besonders betroffen?
Vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Bildungsbereich ist Präsentismus häufig zu beobachten. In diesen Bereichen führt der oft akute Personalmangel dazu, dass sich Beschäftigte besonders verpflichtet fühlen, auch krank zu arbeiten.
Warum sollte man niemals krank arbeiten gehen?
Dafür gibt es mehrere, eigentlich ganz logische Gründe. Erstens sollten Sie sich, wenn Sie krank sind, schonen. Auch ein Schnupfen mit Halsweh und schmerzenden Gliedern sollte niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Wenn Viren und Bakterien sich eingenistet haben, braucht der Körper Kraft und Ruhe. Und keine Firmenmails und wichtigen Telefonate. Je weniger Zeit man sich selbst zum Gesundwerden gibt, desto länger dauert das Ganze und je höher ist die Chance, rückfällig zu werden und erst recht länger krank zu sein.
Ein weiterer Grund, bei Krankheit daheim zu bleiben, sind die anderen Menschen. Wer niesend und hustend in den Öffis und im Großraumbüro sitzt, steckt mit ziemlicher Sicherheit andere an. Unter Umständen wird da aus einem angeschlagenen Kollegen eine geschlossene Abteilung, was dem gesamten Betrieb schadet.
Wer krank ist, leistet weniger. Kopfschmerzen & Co lassen die Konzentration leiden und schränkt die Leistungsfähigkeit ein. Man arbeitet zwar, aber schlechter und langsamer als sonst. Wer krank arbeiten geht, ist nachweislich weniger produktiv, was im Endeffekt keinem nützt – weder dem Arbeitnehmer, noch dem Arbeitgeber oder den Kolleginnen und Kollegen.
Darf man in Österreich krank arbeiten gehen?
Es gibt kein Gesetz, das kranken Menschen untersagt, in die Arbeit zu gehen. Das war zu Coronazeiten ja noch anders, da gab es ein striktes Verbot bei positiver Testung. Trotz fehlenden Verbots rät die Arbeiterkammer aberdringend davon ab, krank zur Arbeit zu gehen. Eine gesundheitsbewusste Unternehmenskultur und ausreichende Personalressourcen sind wichtige Voraussetzungen, um dem Problem Präsentismus entgegenzuwirken. Wichtig ist es, sich bei Krankheit an ärztliche Anweisungen zu halten und erst nach vollständiger Genesung wieder zu arbeiten.
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