Eine Bewerberin im Rollstuhl im positiven Bewerbungsgespräch mit einer Personalerin, was die rechtliche Frage aufwirft, ob Fragen zur Krankheit im Vorstellungsgespräch zulässig sind.

Krankheit im Bewerbungsgespräch: Dürfen Personaler fragen?

Im Vorstellungsgespräch werden oft heikle Fragen gestellt – besonders, wenn es um Gesundheit geht. Darf Krankheit im Bewerbungsgespräch eine Rolle spielen? Ja und nein: Fakt ist, nicht alle Fragen müssen Sie beantworten. Wir sagen Ihnen, welche Rechte Sie haben und wie Sie professionell auf schwierige Fragen reagieren.

Egal ob Behinderung, psychische oder chronische Erkrankung – viele Menschen leben und arbeiten mit einer Einschränkung.   Bei einem Bewerbungsgespräch können Fragen nach der körperlichen und psychischen Gesundheit jedoch verunsichern, denn niemand möchte seine Chancen auf den Job durch falsche Antworten verschlechtern. Dabei haben Sie als Bewerbende klare Rechte, wenn es um Ihre Gesundheit geht. Nicht jede Frage müssen – und sollten – Sie beantworten.

Wann Fragen nach Krankheiten erlaubt sind

Fragen nach Krankheiten und Behinderungen sind generell beim Bewerbungsgespräch nicht zulässig, denn sie stellen eine Grundlage zur Diskriminierung dar. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Krankheit das Leben und die Gesundheit von Kollegen, Kunden oder der eigenen Person gefährden könnte. Beispielsweise ist bei einem Berufskraftfahrer die Frage nach der Sehstärke oder bei einem Koch die Frage nach Allergien gegen bestimmte Lebensmittel zulässig. Auch Fragen nach ansteckenden Krankheiten sind erlaubt, wenn ein erhöhtes Infektionsrisiko für Kollegen oder Kunden besteht.

Diese gesundheitlichen Fragen sind tabu

Sie müssen bei einem Bewerbungsgespräch nicht alles beantworten, was Sie vom Personaler gefragt werden. Unzulässig sind zum Beispiel Fragen nach:

  • Vorerkrankungen ohne Bezug zur Tätigkeit
  • Psychischen Erkrankungen in der Vergangenheit
  • HIV-Status oder anderen privaten Gesundheitsdaten
  • Kinderwunsch oder Schwangerschaft
  • Häufigkeit von Erkältungen oder Grippeerkrankungen

Bei solchen Fragen haben Sie das Recht, die Antwort zu verweigern.

So reagieren Sie souverän auf unzulässige Fragen

Werden unzulässige Fragen gestellt, können Sie verschiedene Strategien anwenden:

  • Höflich darauf hinweisen, dass die Frage nicht relevant für die Stelle ist
  • Das Gespräch geschickt auf Ihre Qualifikationen lenken
  • Mit einer Gegenfrage reagieren: „Inwiefern ist das für die Position wichtig?“
  • Diplomatisch ausweichen: „Meine Gesundheit erlaubt mir, alle Aufgaben voll zu erfüllen“

Tipp: Dokumentieren Sie unzulässige Fragen nach dem Gespräch. Falls es später zu Problemen kommt, haben Sie einen Nachweis über mögliche Diskriminierung.

Chronische Erkrankungen: Wann Sie sie offenlegen sollten

Bei chronischen Erkrankungen gilt: Nur wenn sie die Arbeitsleistung erheblich einschränken, sollten Sie diese von sich aus ansprechen. Benötigen Sie regelmäßige Arztbesuche oder spezielle Arbeitszeitmodelle, ist es ratsam, dies nach einer Jobzusage offen zu kommunizieren. So können gemeinsam Lösungen gefunden werden.

Krankheit und Behinderung im Lebenslauf: Erwähnen, oder nicht?

Die Frage nach der Erwähnung von chronischen Krankheiten oder Behinderungen im Lebenslauf beschäftigt viele Bewerbende. Grundsätzlich besteht keine Pflicht, diese Informationen bereits im Lebenslauf oder Anschreiben zu nennen. Bei sichtbaren Einschränkungen, wie der Nutzung eines Rollstuhls, kann eine frühzeitige Erwähnung jedoch sinnvoll sein:

  • Bei Videointerviews oder persönlichen Vorstellungsgesprächen wird die Einschränkung ohnehin sichtbar
  • Sie vermeiden unangenehme Überraschungsmomente
  • Sie können gleich Ihre Kompetenzen trotz Einschränkung hervorheben
  • Arbeitgeber können sich auf eventuelle Anpassungen einstellen

Formulieren Sie in diesem Fall positiv und lösungsorientiert, zum Beispiel: „Trotz meiner Mobilitätseinschränkung (Rollstuhl) arbeite ich vollkommen selbstständig mit entsprechend angepasstem Arbeitsplatz.“ Betonen Sie dabei stets Ihre fachlichen Qualifikationen – diese stehen im Vordergrund. Bei nicht sichtbaren Einschränkungen empfiehlt es sich, diese erst nach einer Jobzusage zu besprechen.

Schwerbehinderung: Besondere Rechte im Bewerbungsprozess

Menschen mit Schwerbehinderung haben besondere Rechte im Bewerbungsverfahren. Sie müssen ihre Schwerbehinderung nicht im Vorstellungsgespräch erwähnen, können aber von Vorteilen profitieren, wenn sie es tun:

  • Bevorzugte Einladung zum Vorstellungsgespräch
  • Besonderer Kündigungsschutz
  • Zusätzliche Urlaubstage
  • Anspruch auf behindertengerechten Arbeitsplatz

Ihre Gesundheit geht nicht jeden etwas an

Bleiben Sie selbstbewusst: Ihre Gesundheit ist Privatsache, solange sie Ihre Arbeitsfähigkeit nicht einschränkt. Konzentrieren Sie sich im Gespräch auf Ihre Qualifikationen und Kompetenzen. Bereiten Sie sich auf mögliche Gesundheitsfragen vor und üben Sie diplomatische Antworten. So meistern Sie auch heikle Gesprächssituationen professionell.

Foto: Drazen / stock.adobe.com

Ähnliche Beiträge